[Es handelt sich hier um einen Text, den ich im September 2017 schrieb, in einem Ordner mit dem Titel Braindump speicherte - und heute wiederfand.]
ein jurist ist 2012
zu gast bei lesch&co zum thema “wahrheit und gesetze” [youtube.com], es geht u.a.
um den streit zwischen naturalisten und positivisten [vgl. naturrecht
vs. rechtspositivismus,
diese und alle nicht gek. links: wikipedia.de]: “[…] und wie
immer liegt die wahrheit natürlich in der mitte!”,
behauptet der da einfach.
mein erster gedanke
bei diesem nebensatz: tut sie das? immer?! liegt wahrheit bei allen
großen und sich widersprechenden theorien etc. immer irgendwo
dazwischen, im ungefähren, verwaschenen?
die erfahrung mit
streitenden menschen, zB nachbarn oder liebespaaren, suggeriert zwar
irgendwie, dass das richtig sein könnte, aber schon beim thema
“sklaverei – yay or nay?” gilt das zumindest heute [und dem
selbstverständnis als aufgeklärtem westlichen menschen nachfolgend]
ganz und gar nicht mehr.
exkurs:
einer meiner professoren für wirtschaft erläuterte neulich und als
exkurs [haha!] das konzept der doppelten freiheit [nach marx]. laut
ihm gilt das auch für die heutigen arbeitnehmer =lohnarbeiter, die
ja art/ort und lohn der arbeit selbst bestimmen und aushandeln
müssen. er hat klar gemacht, wie das ganze im endeffekt dazu führt,
dass “wir” im durchschnitt mehr als 40h und idR nicht für uns
selbst arbeiten, häufig unsicher beschäftigt sind und dabei auch
noch verantwortlich dafür, eine solche arbeit überhaupt zu finden.
- es lohnt sich, mal den artikel lohnsklaverei
mit der gegenwart als leitszenario im hinterkopf [minijobs
und armutsgrenzen etc.] zu lesen.
und in der politik
gilt das mit der mitte mMn auch nicht. klar muss qua definition in
einer demokratie [! demos=volk, kratos=herrschaft] die wie auch immer
gebildete leitherde aus politikerInnen [=regierung] eine
mehrheitsmeinung des volkes abbilden, aber genau die liegt
doch nicht bei allen themen justemang
[plattmakers.de] in irgendeiner [“gemäßigten”, wenn ich das
schon höre...] mitte? klar, die ist schwammig genug, um häufig eine
mehrheit auf sich zu vereinen, aber das ist ja etwas völlig
anderes.
um zur ausgangsfrage
zurückzukommen:
es ist kompliziert,
aber: nein. bei eigentlich allen themen ist populismus,
also verwässern, unnötiges und gefärbtes simplifizieren keine gute
lösung. und wie meike lobo einmal in einem ihrer artikel mit dem
titel Wer
sind eigentlich "die da oben"? festgestellt hat, bedarf
es nicht eines gequirlten reduzierten durchschnitts der vorhandenen
komplexität, sondern einer fundierten, sachlichen, öffentlichen und
vor allem für alle verständlichen auseinandersetzung mit den
[politischen/gesellschaftlichen] sachverhalten.
in diesem sinne
würde ich gern weitermachen/-denken. meike stößt das in ihrem
artikel ausdrücklich an, aber nachdem ich die kommentare nochmal
gelesen hab, bin ich in etwa genauso weit wie zuvor. auch: nützt
information allein überhaupt etwas, kann das was bewegen?
PS:
ach, und “es wird
zuviel verrechtlicht” - auch eine interessante aussage im o.g.
video. da sitzt also ein wissenschaftler/jurist und beschwert sich
bei der bzw. über “die politik”, dass sie sich um ggf.
schwierige, unpopuläre entscheidungen herumdrückt und diese auf das
bundesverfassungsgericht abwälzt. guter gedanke zum weiterdenken,
finde ich.
PPS:
im verlauf des
lesch&co-gespräches geht es dann auch um das thema
sachverständige. juristen sind doch irgendwie [sehr vereinfacht
ausgedrückt!] diejenigen, die ausgebildet sind, strittige sachlagen
im gültigen rechtsrahmen neutral zu bewerten. dass sie diese aufgabe
in einer immer komplexer werdenden welt mit exponentiell ansteigendem
wissen [oder besser: mit immer ausgestalteteren theorien…] nicht
ohne inhaltliche fachberatung ausüben können, ist offensichtlich. genau dazu gibt es sachverständige
für alle möglichen themen, und hier kommt noch eine völlig aus dem
zusammenhang gerissene anekdote:
ich spielte in kaiserslautern mit einem streichquartett/-quintett auf vielen verschiedenen veranstaltungen, und einmal landeten wir auf etwas, wo auch frischgebackene “sachverständige schimmelpilz” ihre urkunden erhielten. wir saßen während der verleihung, also vor unserem auftritt und entsprechend noch etwas nervös, mit dem gesicht zum publikum in einem halbkreis auf der bühne – und mussten leider wahnsinnig lachen ob der skurrilität, und auch wegen der tatsache, dass es anstelle einer medaille oder ähnlichem einen [physischen] stempel zur urkunde dazu gab. versteht man jetzt im nachhinein natürlich schlecht, war aber situationskomik vom feinsten.
ich spielte in kaiserslautern mit einem streichquartett/-quintett auf vielen verschiedenen veranstaltungen, und einmal landeten wir auf etwas, wo auch frischgebackene “sachverständige schimmelpilz” ihre urkunden erhielten. wir saßen während der verleihung, also vor unserem auftritt und entsprechend noch etwas nervös, mit dem gesicht zum publikum in einem halbkreis auf der bühne – und mussten leider wahnsinnig lachen ob der skurrilität, und auch wegen der tatsache, dass es anstelle einer medaille oder ähnlichem einen [physischen] stempel zur urkunde dazu gab. versteht man jetzt im nachhinein natürlich schlecht, war aber situationskomik vom feinsten.