11. Juli 2025

Ein Mensch - dreimal.

Ich bin erkältet, nicht schlimm, aber etwas wehleidig und wurde liebevoll dazu angehalten, wenigstens EINmal kurz in den Garten und die Peripherie auf und ab zu gehen. Erst wollte ich nicht mal das, weil die Matschbirne laut "Was soll das bringen? Anstrengend!" usw. etc. pp genörgelt hat, aber dann dachte ich, was soll's, raus tut immer gut, ich gehe eine kleine Runde durch die Nachbarschaft. Und ja, war super [eh klar], es wurden sogar 2km, fast durchgängig im Schatten [ist schon ~18:30 gewesen] und mit angenehmen 22° und bisschen lauem Wind.

Beim Gehen hab ich viel darüber nachgedacht, wie ja jede*r Mensch, der*die mir entgegenkommt, die ganz eigene jeweils aktuelle Kontext-Wolke um sich hat - sei es Freude oder Sorge oder die Einkaufsliste oder auch die Familienplanung. Sowas rückt mir immer den Kopf zurecht, wenn ich mal wieder glaube, dass NUR ICH gerade so nervige Augenblicke/Stunden/Tage hab und es ALLEN ANDEREN [jaja] voll gut geht und die mit ihren Freund*innen lustig in der Gegend herum halt ... freundlich sein können.

Ein Mitte 30jähriger Typ hat sich mir heute irgendwie besonders eingeprägt und ich hatte sofort Bock bzw. die Idee im Kopf, ihm drei verschiedene Hintergründe anzudichten. Er fuhr mitten auf der kleinen Straße, durch große, alte Seitenrand-Bäume von mir auf dem Fußweg getrennt, ziemlich zügig und fast geduckt auf einem klapprigen blauen 08/15-Fahrrad in die Gegenrichtung, so dass ich ihn wirklich nur ca. 2s durch die Stämme und das Laub gesehen hab. Auf dem Kopf hatte er weiße oder silberne, fette Noise Cancelling-Kopfhörer, die Kleidung sah aus wie 90er Ballonseide mit kurzer Hose [oder halt Berlin Mitte-Style von vor 10 Jahren, hihi] und auf dem Gepäckträger war eine schwarz-rote Hundetransport-Tasche geschnallt. Let's go!

Realität I [Harten Techno auf den Ohren.]
Whoah, ich hätte das niemals zusagen dürfen, das schaff ich nicht mehr pünktlich, voll ätzend... Immerhin passt in die Box hinten ordentlich Bier rein; klappern nicht mal, die Dosen, gar nicht gedacht, dass das Ding so praktisch ist! Naja, Jana weiß schon, warum sie die nie abmacht. - Fang' schon an zu schwitzen, auch eher ungeil, nützt nix, das Bier muss vor dem Fleisch da sein, weiter immer weiter! - Wird schön, kann ich mal wieder in Gemeinschaft trinken, alleine suckt ganz schön ab. Hoffentlich bringt noch wer Alkohol, ich brauch' ja allein schon nen Liter, um den ganzen Schweiß wieder reinzuholen!1 Gut, dass das nicht drinnen ist heute, sondern im Garten von der Butze, hab ich wenigstens noch bisschen Wind als Unterstützung gegen den Geruch. Ahhrghhh, hab keine Lust mehr zu treten, wo kommt denn jetzt der scheiß Verein, und wehe Trix ist noch nicht da, dann garantier' ich eh für gar nix mehr. Gnahhhhhhhh!1

Realität II [Auf den Ohren läuft "Regen auf Blätterdach" in Endlosschleife.]
ShitShitSHIT, Ronja ey, warum passiert das immer kurz vor'm Wochenende?? Ich kann das bald nicht mehr, hab dich echt lieb, das macht's SO schlimm! Halt durch, wir schaffen das, bis um sieben, so lange hat Dr. Bauer noch geöffnet und sie hat am Telefon gesagt, notfalls wartet sie kurz auf uns. Ja, ich hör' dich, armes Biest, gleich hast du's geschafft, in sechs Minuten sind wir da! Mit Glück haben die noch die super Cracker ohne Zucker, na, warte, und dann kriegst du dein Zeug und alles wird erstmal wieder gut. - Ich versprech' dir, ab jetzt pass ich besser auf mit dem Spritzen, das wird astrein getimed jetzt immer, ich pack' das, werd einfach nen Vorrat anlegen und dann sind wir safe. Bleib' wach, du schaffst das, Ronnchen, schlaf' mir noch nicht ein, nicht HEUTE, wir sind gleich da!!1

Realität III [Public Fitness-Playlist mit 110bpm auf Lautstärke 9.]
Wenn ich das jetzt noch die paar Tage bis Dienstag durchhalte, hab ich's drin, 30 Tage reichen doch?, bis zur Habit?! Läuft auch schon viel besser, Beine tun gar nicht mehr weh, nur bisschen oben, kein Vergleich zum Anfang. Meeega. Julia hatte recht, einfach losmachen und dann läuft das von allein. Wär echt SO COOL, wenn ich mal nicht mehr so viel rumgrübeln würde dann, bald, manmanmanmanman. Gar keine schlechte Mucke diesmal, Julia ey, sollte mehr auf die hören, sowieso. Vielleicht komm' ich ja soweit, dass die mal mit mir joggen geht, wobei, besser erstmal noch drei Monate so weiter mit dem Teil hier, heh, aber vielleicht passt das ja dann irgendwann! Bin ihr jetzt schon quasi ALLES schuldig, ganz gespannt, ob sich auf die Bewerbungen bald mal wer meldet...

PS: Wenn das weiter so läuft in meinem Kopf, [er-] schaffe ich jetzt wieder mehr, auch irgendwas und schlechtes und dann auch mal gutes, denn: Kreativer Erfolg kommt nicht von können, sondern von üben. Oder wie Florence Given aka FLOSS mal gesagt hat:

"If you don't express it, you suppress it."
-- If you don't know her yet, check her out on Insta, she's great.

5. Juni 2025

re:publica 2025, STATION Berlin - Tag 1

Völlig subjektive und unvollständige, ergänzte und leicht überarbeitete Notizen meiner drei re:publica-Tage in diesem Jahr. Weil's mir so langsam viel zu schade ist, diesen Impact an Ideen, Wissen und Vernetzung jedesmal "nur" zu erleben - und nicht wirklich zu verarbeiten oder noch besser: zu integrieren.

Weil ich auf den Hintereingang mit der deutlich kürzeren Registrierungsschlange spekuliert hatte, den es anscheinend gar nicht mehr gibt [?! mir scheint es auch, als ob das Gelände signifikant verkleinert wurde, den Außenbereich mit Schiff/Terassen etc gab es diesmal nicht und ich war ein bisschen traurig darüber], wurde ich mit Menschenmassen konfrontiert, von denen ich definitiv kein Teil sein wollte. Also spazierte ich einfach durch die nicht so schöne, aber vom sommerlichen Wetter aufgehellte Gegend um das Gelände der STATION und hörte mich durch die Keynote Session von Prof. Dr. Björn Ommer mit dem Titel "Generative KI und die Zukunft der Intelligenz" [ganzer Vortrag auf YouTube].

Ob es am Spazierengehen und den visuellen Ablenkungen ODER meinem Vorwissen lag - oder doch halt am Vortragsstil/Inhalt! - weiß ich nicht: Ich fand es leider dünn und wenig bahnbrechend neu, was der Herr Ommer so erzählt hat. Der eine Punkt, den ich einprägsam fand und festhalten möchte:

  • Die menschliche Fortbewegung hat sich den Großteil unserer Geschichte in der Ebene abgespielt, sei es zu Fuß, mit Booten auf dem Wasser oder auf Reittieren, in gezogenen Wagen, auf dem Fahrrad oder im Auto und mit dem Zug. Die Entwicklung von Flugzeugen hat das Reisen grundlegend transformiert, weil erst damit die dritte Dimension genutzt werden konnte. Ähnlich verhält es sich mit generativer KI: Unsere [bisherige] Informationsgesellschaft bzw. jede einzelne Person wird prinzipiell erst durch die Nutzung von KI befähigt, das in dem Übermaß an vorhandener Information enthaltene Wissen auch persönlich und in relativ kurzer Zeit [Echtzeit?] nutzbar zu machen! Die realistische Wissensgesellschaft also eigentlich erst seit "jetzt" und nicht schon als direkte Ablösung der Industrialisierung.

Als nächstes eines der wenigen Panel, die ich mir ausgesucht hatte, die wirklich mit allen drei Generations besetzt waren, "Create against Hate. Erfolgsgeschichten trotz digitaler Schattenseiten" [Youtube]. [Lag es an meiner Auswahl oder ging das auch anderen so, dass XY den Großteil der Akteur*innen gestellt haben?! Ist vielleicht die TINCON "Schuld", die ja parallel stattfindet?]

Moderiert wurde von Jana Pareigis, im Panel waren Lilly Wolkersdörfer von jung genug, Meltem Yurt von den Migratöchtern und Franziska Merkel-Anger von den Omas gegen Rechts vertreten. Etwas mäandernder Talk, bei dem die drei Teilnehmerinnen insbesondere auch berichtet haben, wie unterschiedlich in den drei Gruppen mit Hate im Netz umgegangen wird. Bei den Migratöchtern wird zum Beispiel bei Beiträgen, die erwartbar negative Reaktionen erzeugen werden, im Voraus eine Art Handreichung erarbeitet, die dann von denen, die "Dienst" haben, genutzt werden kann. Enthalten sind Quellen/Links, Argumente, hilfreiche Antworten auf Fragen usw. Die Omas gegen Rechts hingegen stellen vor der Veröffentlichung von Themen eine interne Mehrheit/Zustimmung her, um keine Hate-Wellen über einzelnen Zusammenschlagen zu lassen. Gibt es die nicht, wird zu dem Thema nichts gemacht. 

Und auch hier ein Punkt [mit Anhang], den ich für mich markierenswert finde:

  • We [as society] need Diskurs. Das ist zum einen etwas ganz anderes als eine Diskussion, hat schon der mittlerweile in die Jahre gekommene, damals noch recht "junge" Gunter Dueck auf meiner ersten re:publica anno 2012 gepredigt und mich damit ziemlich beeindruckt. Er hat in seinem Vortrag Diskurs als "voneinander lernen", "sich mit den Gemeinsamkeiten beschäftigen", "sich aneinander weiterentwickeln" definiert, im Unterschied zur Diskussion, in der es so oft eher um die Erläuterungen der eigenen Standpunkte geht, die ... eben nicht verlassen werden.
  • Von allen Beteiligten im Panel wurde betont, dass gerade ein Diskurs, der in der digitalen Öffentlichkeit stattfindet, personalisiert und individualisiert angeboten werden sollte. Warum? Sobald Annahmen über andere Personen oder Gruppen gemacht werden, fängt Spaltung an, vgl. auch: "Nothing without us about us!" Echte Inklusion, Teilhabe, Vielfalt heißt, alle Stimmen zu hören und eben insbesondere auch die Innenwelt und -sicht von Beteiligten darzustellen. Ungefähres Zitat von Meltem Yurt: "Wir zeigen eben auch: Wie FÜHLEN sich die Personen dabei?" Fand ich im ersten Moment kontraintuitiv, weil so ja Menschen exponiert werden, aber naja, [inklusiver!] Diskurs geht anders nicht, sehe ich jetzt auch.

Als drittes hab ich dem [bekannten IT-Fach-/] Rechtsanwalt Chan-Jo Jun und einer seiner mittlerweile über 30 Mitarbeiter*innen, der Rechtsanwältin Jessica Flint bei einem [für mich etwas zu animierten, aber] inhaltlich sehr bereichernden Vortrag zugehört: "Machtfaktor Social Media - gestern war der beste Tag, mit Regulierung die Demokratie zu bewahren." [YouTube] Ein eindrückliches Beispiel für die dringende Notwendigkeit zur [staatlichen!] Regulierung: Nach der Erstellung eines nagelneuen Tiktok-Accounts, bei dem Likes an alle deutschen Parteien vergeben werden, bekommt dieser Account zu 78% [!] ... die AfD eingespielt. Bei X sind es bei vergleichbarem Account-Aufbau "nur" 64%, aber das Muster wird klar.

Ein anderes Beispiel ist der aktuelle Crypto Scam [Spuk!], der mit dem Namen und der Person der Journalistin und Moderatorin Anja Kohl [man kennt sie u.a. aus der "Wirtschaft vor acht"] aktuell umgeht. Hier werden mit großem Geschütz, von Text/Bildern online über Telefonanrufe mit KI-Stimme bis hin zu deep fake-Videos angebliche Investitions-Empfehlungen von Frau Kohl in die Welt gepustet. Sie geht mittlerweile juristisch dagegen vor, es ist allerdings ein Kampf gegen Windmühlen, weil ... die Regulierung fehlt.

Was ist eigentlich der Grund dafür, warum werden Social Media-Plattformen so schlecht kontrolliert und können quasi nie für illegal durch User gepostete Inhalte zur Rechenschaft gezogen werden? Ein wichtiger Grund dafür ist das sogenannte Providerprivileg [Präzedenzfall ist aus 1999!], bei dem der Inhalt als komplett disjunkt gesehen wird und dem [eigentlich Internet-] Provider rechtlich keinerlei Verantwortung für die verarbeiteten Inhalte auferlegt werden darf. Nun ja, und solange wir bei Social Media noch von "Plattformen" sprechen, ist es eine Art Grauzone/Schlupfloch - und für diese tatsächlich billiger, die staatlichen Regulierungen und Vorgaben von Deutschland/der EU eben nicht durchzusetzen, sondern in Rechtsstreitigkeiten auf das Providerprivileg zu verweisen.

Soziale Medien verarbeiten aber ja nun tatsächlich die Inhalte, die von Usern eingestellt werden, mindestens durch die algorithmische Aufbereitung der allseits vertretenen nicht-linearen Timelines -  und damit kann das Providerprivileg definitiv nicht mehr herangezogen werden, so RA Jun im Talk. Laut ihm und RA Flint wäre das einzig richtige Vorgehen dabei, alle algorithmisch Inhalte aufbereitende Social Media-Plattformen hinfort als Medienunternehmen einzustufen. Dann ist die Verantwortung für die Inhalte gegeben und die bereits existente Regulierung greift endlich, mit allen für die Unternehmen teuren und für uns als Gesellschaft wirksamen Folgen. - Sehr erhellend!!

Zum Abschluss hab ich noch [schon im Hängesessel im Hüttenpalast chillend] dem kurzen Vortrag "Vernetzte Gewalt. Analyse und Gegenwehr" [YouTube] vom Medienwissenschaftler Prof. Dr. Bernhard Pörksen gelauscht. Er spricht in Bezug auf Shitstorms und Hate im Netz von "vernetzter Gewalt", die einzigartig in der Geschichte der Menschheit ist. Warum? Es geht dabei im Kern um die verlorene Kommunikationshoheit - denn wer weiß zum Beispiel schon, dass Franklin D. Roosevelt, Ex-Präsident der USA, im Rollstuhl saß?! Roosevelt hat das geschickt geheim gehalten; laut Pörksen gibt es nur 2 Fotos von ihm im Rollstuhl und laut Wiki nur wenige Sekunden an Filmmaterial, das ihn gehend zeigt. Letzteres war ihm auch nur möglich, indem er Beinschienen trug, die er in weiten Hosen versteckte und zusätzlich einen Stock und einen Menschen als beidseitige Stützen benutzt hat.

Pörksen beschreibt eine Entwicklungskaskade von der Erfindung der ersten Schrift [dauerhafte, personenunabhängige Wissensspeicherung] über die der beweglichen Lettern [schnelle und einfache Reproduzierbarkeit und damit örtliche Ausbreitung von Wissen] bis hin zur totalen Vernetzung der heute an jedem Ort zeitgleich stattfinden könnenden Kommunikation via Internet. Unter diesem Aspekt ist laut Pörksen sehr, sehr viel Bildung notwendig, um das positiv zu halten und nicht darunter zu leiden. Wirklich begreifen können unsere Gehirne das nämlich nicht ohne weiteres. - Off topic Bemerknis: Den Russlandkrieg gegen die Ukraine bezeichnete er als "geopolitische Verwerfung der Sonderklasse".

Mehr war denn auch nicht drin von der Aufnahmekapazität her. Tag 1 war schön!

PS: Am Sonntag auf dem Hinweg von Hannover nach Berlin hab ich meinen pinken Turnbeutel mitsamt Emsa-Becher, Bibliotheksbuch [beides nicht soo schlimm], Ladekabel/Stecker für's Handy [mittelschlimm] und Portemonnaie [wegen der ganzen Karten: superschlimm!] im Zug liegengelassen. Immerhin waren die Medikamente diesmal im Koffer. Weil ich eins [sic!] Fuchs bin, hatte ich sogleich vier verschiedene Lösungsvorgehen parallel: Online-DB-Formular ausgefüllt; Geld erhalten via [ggf. über dritte] Bekannte; unkomplizierte [!] 50€ aus der Kasse vom Hüttenpalast, um notfalls 24h durchzuhalten; telefonisch in den Kontakt zu DB-Menschen zu kommen, die mir wirklich helfen können. Letzteres hat dann via Hack [Anruf bei einer Hotline für DB-Webservices] funktioniert und ich landete im Endbahnhof Berlin Ost - wo ich nach insgesamt knapp 2h Trennung den Beutel an mein Herz drücken konnte. Dank an Unbekannt für's Abgeben!! <3

31. Oktober 2024

Fragment ohne Titel [2021-10]

"Bearbeitung" einer Aufgabe zum assoziativen Schreiben aus Stephen King's Buch On Writing [2000].

Lächerlich. Alle meine Fotos sind weg?! Nicht im Ernst. Dir zeig ich's, jetzt erst recht.

Weiter, immer weiter, Treppe Stufe Boden. Langsam, langsamer. Halt. Atmen. Still. ... FIIIIIIIIIIIIIIIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIUIIIIIIIIIIIIT!!!1 mit abruptem Ende; gefolgt von Stille, again.

„Jana? Bist du das?“ Leise und ängstlich, der Ton reicht gerade um die Ecke in den Flur zu mir. Wie immer. „Na klar, wer sollte das sonst sein!? Oder wen erwartest du Sau?“ Gleich mal Fronten klären. „Und seit wann trinkst du abends was anderes als Bier, sondern setzt dir 'nen Kessel für TEEWASSER auf?!“ Ich prophezeih' euch von hier aus, dass er mit zusammengezogenen Schultern vor dem Herd steht, die Hände abgestützt, frozen, Kopf gesenkt. Klamotten à la mittelalter Geschichtslehrer aus dem 20. Jahrhundert, fifty shades of beige. Uuuuund yes, da steht er, genau wie beschrieben. Immerhin ist es heute keine Cordhose.

„Was willst du hier.“ Tja, warte nur ab, „Das wüsstest du wohl gern, kann ich mir vorstellen. Sag ich aber nicht, merkste gleich. Lass mich mal da ran.“ Allein schon, wie er zur Seite geht; könnt ich nachschubsen, hab direkt Wuchtpotential im Ellenbogen, … aber das kommt später dran. Erst mal was futtern.

„Hast du Eier da? Ich mach' uns Omelette und dann essen wir. Scheiße man, wo ist die große Pfanne hin??“ Alles raus oder wie, Fotos, Pfannen, am Ende noch der Pizzaste - ach nee, da isser. Immerhin. „Da.“ Seine Hand mit dem Finger zittert in Richtung der unteren großen Schublade, ich fass' es nicht, alles wie immer, echt mal jetzt. „Setz' dich an den Tisch und halt die Klappe, bis ich hier fertig bin.“

Interessiert ja auch keinen, warum bin ich zurück, tja, wie und warum und wer, scheißegal, und gleich geht’s hier so richtig los. Geil. But first things first. Erstmal Eier … Oliven … Tomaten... häh wo sind die hin? Ach da. - Nichts ist so gut wie perfekt stockendes luftiges Omelette, ich kann's noch. Bittedanke, gern geschehen.

„Hier, done. Iss das jetzt. - Guck mich doch wenigstens mal richtig an! Feigling. - Sind noch Klamotten von mir oben, ich hab keine gefunden?“ „Nee.“ „Wie, nee??! Spinnst du, wo ist das Zeug??“ „Weg.“ Oh man, ich RAFF's nicht! „Wegen so'n bisschen Beef haust du alles raus? Na danke. Immerhin hab ich überhaupt gar keine Frauensachen oben gefunden; dein Glück.“ „...“ Sprachlos, immer sprachlos – oder wenigstens einsilbig, langweilig und leer und fad. Einzig diese aus den gekrempelten Hemdsärmeln rausguckenden Unterarme, die machen mich schon wieder fertig. Nicht zu lang hingucken jetzt, Fokus!

„Was willst du hier.“ „Du wiederholst dich, man.“ „Jana, was willst du hier? Was wird das? Ich find' das nicht witzig!“ „Schon klar, geht aber gar nicht immer um dich, Überraschung. Wir haben noch was offen, kommst du drauf?“ „... ich dachte, … echt? Du willst... können wir das nicht anders“ „NEIN!! Ich hab so lange gewartet, wir machen das heute, genau das, nich' wann anders, sondern jetzt.“

Muss ich mich auch noch rechtfertigen, so weit kommt's noch, ey. Stocher stocher Gabel Ei, als ahnt' er schon, wie das gleich abgeht, BÄM. Und so scheiße schmeckt das Omelette echt nicht, „Gib mir deins her, ich glaub's ja nicht, hab ich dir den Appetit verdorben oder was?!“

„Bitte, Jana, lass uns reden, das ist ne vollkommen hirnrissige Idee, wir können uns nich'“ „DOCH. Können wir. Und wie! Du gegen mich, Regeln normal, wer gewinnt, kriegt Nell. Warum ist sie eigentlich nicht hier, wo hast du sie abgeladen?“ Typisch, hauptsache Ruhe, allein, er und sein Bie achnee, ist ja jetzt Tee, anscheinend, was für ein Loser, echt. Aber gut, geht ja um was. Und besser, wenn sie nicht sehen oder hören muss, wie ich ihn fertig mache.

„Jana... sie ist auf 'nem Geburtstag … ich hol sie in 2 Stunden wieder ab.“ „Schreib mir die Adresse auf, dann regel' ich das. Gewinn' ja sowieso, nä?“ Ha, das wird SO gut! Sagt halt nix, der Sack, aber gut, schreibt immerhin was auf den blöden Zettel. Zitternd! Oh man. „Na los, und jetzt geht’s raus, hier isses viel zu voll. Wo hast du die Figuren, oder sind die auch schon nicht mehr da?!“ „...“ Schon wieder kein Wort, nur diese kugelrunden Augen mit viel Weiß und der immer unsichere Mund, „Alter, man, mach' hinne, LOS JETZT!!1“

Draußen Nieselregen, genauso trüb wie dieser Typ, genauso energieraubend, aber HAH, meine Wut ist noch da, mein Antrieb brummt, die Finger kribbeln … ich kann noch, und wie, dich pack ich allemal. Wirst schon sehen. Wenn ich bloß endlich diese kack Figuren finde! - … Schuppen? Schuppen. Genau, vielleicht sind die unter den Tapeziertischen, boah, wie krass voll ist das hier denn geworden, dabei war ich doch nur 3 Wochen weg?!

„Kannst du mir mal sagen, was das soll?! Wo finde ich die scheiß Plastikdinger, wolltest du sicherstellen, dass ich dir nie wieder eins damit überziehen kann oder was?!“ Keine Reaktion, natürlich, das einfachste ist immer Schulterzucken oder gar keine Reaktion... aber vielleicht sind sie ja hinterm Tischtennistisch, was für ein Wort übrigens, egal, weg damit, MAN - „WO SIND DIE SCHEIßTEILE HIN????!!“

Ich dreh noch durch. Kann der Mann nicht wenigstens EINmal vernünftig kommunizieren, bevor's ans Eingemachte geht?! Oder will er etwa im Gegenteil heimlich MIR von hinten damit ... – nee, oder? Moment, wo is'er – WOW. Ich raff's nicht. Der ist einfach WEG?! Abgehauen??! Tatsache, keiner da, hinter mir, neben mir, niemand zu sehen, kein Geräusch, nur leere Marmeladengläser im Karton, die anklagend nicht klirren, weil er sie nicht zum Einkochen benutzt. So ein Scheiß. Ausfall des Schlachtfelds, nix mehr mit den Instrumenten der Demütigung, stattdessen Suche nach der verlorenen Person oder was?! Ich brech' ab.

„Ey, wo rennst du hin, du spinnst wohl, abhauen gilt nicht; lass uns das doch endlich mal bis zum Ende durchspielen, ich glaub', es hackt – NA WARTE!!1“ Jetzt auch noch rennen, ÄT-zend - ich dachte, wir tragen das aus wie echte Menschen, so'ne scheiß Verfolgungsjagd ist doch was für Kleinki AUa!! Boah, tut DAS weh!

Ich hab keine Lust mehr. Ich habe keine LUFT mehr! Einfach hier sitzen bleiben... - dieser dreckige scheiß Schlauch, immer liegt der quer hier rum. OK, mal wackeln, Fuß noch dran? Scheint so. Aber kacke, ey, der ist jetzt bestimmt schon über alle Berge, obwohl, das Auto hat noch nicht gemuckst, oder isser zu Fuß abgezischt? Kann ich von hier aus ja nich' sehen, aber aufstehen... nee, das läuft nicht. Mist. MISTMIST!

OPEN END.

 

1. September 2024

Geliebter Zusammenhang. - Eine Ode an Die Herrlichkeit von Struktur.

[Edit 2024: Dieser Post wurde im Juli 2022 gestartet.]

Bei den häufig phantastischen PHDcomics gibt es diesen einen, in dem sinngemäß deutlich gemacht wird, dass die große Kunst bei einer Dissertation eben nicht unbedingt darin liegt, drei bis fünf Jahre lang etwas zusammenhängend durchdachtes zu tun und das dann aufzuschreiben, sondern überraschenderweise eher darin, im Nachhinein und kurz vor Schluss die diffus wabernden Arbeiten und Ergebnisse der zurückliegenden Jahre in eine konsistente und kohärente wissenschaftliche Form zu gießen. [Wer diesen einen Comic findet und mir schickt, bekommt ein Eis!]

 EDIT 19.09.: Hannes did it! \o/ Cecilia's Thesis [phdcomics.com]

Um das zu können, bedarf es natürlich eines gewissen Überblicks. Und der ist nicht unbedingt ein "Sehen von Allem", wie ich lange dachte und was auch in diesem hervorragenden, aus meiner heutigen Sicht allerdings eher Neurodiversität denn Wissenschaft an sich beschreibenden, Abstruse Goose-Comic angedeutet wird [Klick führt zur hochauflösenden Originalversion - edit 2024: leider nein, hier steht die Begründung, warum nicht]:

Das ist aus meiner Sicht exakt vergleichbar mit dem "mindful vs. mind full"-Comic, also dem Achtsamkeitsgedanken; und dann wird auch deutlich, dass es eben rein gar nicht wissenschaftlich ist, überall alle Grundlagen, Zusammenhänge und Hintergründe an allem zu "sehen", all the time. Dann würde eins nämlich kirre. Aber diese Grundlagen, Zusammenhänge und Hintergründe zu kennen, das ist der Schlüssel. Gern so weit/groß wie möglich, aber eben immer ausgerichtet an den Gitterlinien, den Grundzügen, kategorisiert nach den definierenden Elementen.

Und so startete ich diesen Blogeintrag mit dem Gedanken im Hinterkopf, einen Post über natürliches Kacken zu schreiben, darin auf Haustiere und deren Futter zu referenzieren und die [nicht-] Parallelen unseres Verhaltens den Tieren vs. uns selbst gegenüber herauszuarbeiten, scheiterte dann aber daran, dass ich dazu

[Edit 2024: Wir werden nie erfahren, woran ich damals scheiterte. Veröffentlicht hab ich es jetzt trotzdem mal.]

P. S.: Falls ihr euch das auch fragt, gestelzt und klugscheißerisch erzählen konnte ich offensichtlich schon auf der Kassette, die ich meinen Großeltern im Alter von fünf Jahren zu Weihnachten '86 aufgenommen habe: "... nun gebt mal fein acht!" ist zum Beispiel eines der Highlights darauf, gleich zu Beginn.

29. Mai 2022

Pro Aktivität.

Ich lebe gerade ganz gut, habe viele Privilegien und fühle mich gleichzeitig total ziellos. Der Master ist schon seit einem Jahr geschafft, das Sportprogramm seit weit mehr als einem Jahr komplett auf Eis gelegt, sonstige Hobbies abseitig von Lesen [words, my one and only love] existieren lange nicht mehr; das einzige Kontinuum ist die sich in meiner Lohnarbeit immer weiter und wieder ereignende Veränderung, die mich geistig einigermaßen beschäftigt und am Laufen hält. - Liegt es an Corona? Ich weiß es nicht und glaube es nicht. Der Ukraine-Krieg schrammt an mir vorbei, ich bemühe mich und kann ihn schlecht [er-]fassen - außer in den Auswirkungen auf meine Lohnarbeit, also auch hier Dominanz des gefühlten Außens/nur Reaktion.

Vor einem knappen Jahr hatte ich beschlossen, unbedingt vor meinem 41. Geburtstag diesen August ein [mein], nein, DAS Buch zu schreiben, das ich immer schon schreiben will. In dem Kontext hab ich einiges umgesetzt und bin also quasi tätig geworden, aber auch das alles [Schreibprogramm gesucht, getestet und final gewählt, Literatur über das Schreiben gesammelt und gelesen, mit verschiedensten Menschen einige fruchtbare Diskussionen zum technischen Modus Operandi gehabt, sogar eine Art Pitch entwickelt] ist ... versackt, in a not so good way, gefühlt jedenfalls not so good. Es ist einfach ausgelaufen, eine prokrastinierte Frist wie eine achtlos offen gelassene Tube mit wertvollem und eigentlich auch wertgeschätztem Inhalt.

Nicht nur bezüglich des Buches, dem ich auf Twitter ja sogar todesmutig schon ein Hashtag gegeben hatte [#nonApologie], sondern generell kommt es mir momentan so vor, als ob die Zeit einfach so verrinnt. Ich kenne das Gegenrezept, das mir schon vor mehr als 10 Jahren der ansonsten eher etwas unsympathische Nachbarabteilungsleiter vom Fraunhofer etwas überraschend im Nebensatz verraten hat: Ereignisanker setzen, Erinnerungspunkte erschaffen, damit im Alter das Leben nicht als "schon und viel zu schnell vorbei" empfunden wird.

Auch Meike Winnemuth unternimmt seit einiger Zeit mehr oder weniger jedes Jahr ein Unterfangen,  das jedes Jahr rückblickend greifbar macht, so zum Beispiel ihr Projekt ein Jahr, ein Kleid [daskleineblaue.de], die Weltreise nach der Wer wird Millionär-Teilnahme bei Jauch mit Blog Das große Los! [vormirdiewelt.de], 2014 dann nochmal 12 Städte in Deutschland und schon 2007 einen Marathon etc. - jedes Jahr wird eine Wegmarke gegen das Durchrauschen und Vergessen gesetzt.

Ich hab das sogar auch ein paarmal gemacht, allerdings nie absichtlich, sondern aus Grunderlebnisdrang. Hilft natürlich trotzdem! Zum Beispiel mein Motto-Jahr 2014, in dem ich auf der Suche nach Kreativität und einem zufriedenstellenderen Job jeden Monat etwas anderes machte [Schlagzeug spielen, selbst Kochen, Thema Ausbildung...], oder auch ein Jahr der Gesundheit in 2012, wo ich alle Teile meines Körpers quasi einmal physikalisch prüfte und abchecken ließ und mich kümmerte oder jüngst in 2021 der Masterabschluss.

Im Kontext von "Sachen machen" - ein schon ~ 10 Jahre altes Projekt von Isabel Bogdan, das in diesem Buch [buchkatalog.de] kulminiert ist und das ich GELIEBT habe - schrieb sie mal, dass es zum Sachen machen eben quasi eines Muskels bedarf, der durch das Machen von Sachen trainiert wird. Sie hat es natürlich irgendwie eleganter ausgedrückt, was ich damit aber sagen will ist: Ich finde gerade den Anfang nicht, der Muskel scheint krass geschwächt, es ist ein Elend und ich langweile mich mit mir selbst und tue einfach "nichts". Einzig meine Bücher hab ich geschafft, drastisch auszumisten und einen Teil in den momox-Schlund zu werfen, einen anderen Teil hier im Viertel via Bücherkarton zu verschenken und den dritten aktuell leider noch hinter Schranktüren auf den passenden Einsatz warten zu lassen. Wegwerfen geht nicht.

Naja. In diesem ganzen Kontext von Kreativität und Leben, das und die ich schleifen lasse und nicht weiß, wie aktivieren, dem scheiß Buch, das ich nicht schreibe etc pp hab ich das hier auf Twitter [twitter.com] gelesen, ein Zitat von Annie Dillard, die sinngemäß dazu aufruft, konstant zu produzieren und die eigene Kreativität und Inhalte nicht für irgendetwas bestimmtes "Großes" aufsparen zu wollen.

Und dann unterhielt ich mich mit dem Mann und beklagte mich über Die Große Allumfassende Ziellosigkeit und äußerte meinen Wunsch, wieder zu schreiben. Er stellte mir eine Mörderfrage, wie ich finde:

"Was gibt es denn, womit du dich über die nächsten 12 Monate schreibend beschäftigen könntest? Wozu hättest du Lust, was interessiert dich genug?"

Die Antwort ist mir erstaunlich leicht gefallen: Parallelen. Und was das heißt, seht ihr vielleicht bald.

P.S.:
So, das hier ist also der Korken, an dem ich schon seit Wochen mehr schlecht als recht gedanklich herumlaboriere und der um's Verrecken nicht aus dem blöden Flaschenhals kommen will. Ich zeige ihn euch jetzt einfach mal, das scheint mir ein vielversprechender Weg zu sein. Nicht umständlich und altmodisch formulieren geht anscheinend auch nicht, merke ich, aber was soll's - kann ja nicht jede wie Kathrin Passig alles immer tatkräftig angehen [techniktagebuch.tumblr.com] und sogleich zum Entrümpeln der eigenen Sprache schreiten! ... wobei, hatte nicht gerade die auch dieses Buch mit dem Titel "... ohne einen Funken Disziplin" [buchkatalog.de] geschrieben?! Ich. Muss. Lesen. Gehen.

6. März 2022

prominent gekotzt I - "Die Unvollendete"

Wie kommt dieser blöde Titel zu Stande? So [twitter.com]. Evtl. wird es eine Reihe, evtl. auch nicht, das weiß man bei mir aktuell nicht so genau.

Ich hatte ab ~ September/Oktober/November geplant, bis zu meinem Geburtstag im August 2022 ein Buch zu schreiben. Das meiste vom Gerüst steht seit langem, ich habe mehrfach mit @jawl [twitter.com] dazu telefoniert und wertvollen Input bekommen, auch schon Teile des Inhalts skizziert und die digitale Umsetzung ist ebenfalls angerissen. Aber. Ach.

Im Arbeitszimmer liegt in einem großen Zettel- und sonstwas-Stapel eine Planungsskizze für unsere großen Wandschränke, die ich mit viel Elan, Struktur und Zeichenfreude fabriziert habe. Was kommt sinnvoll in welchen Schrank und wie ziehe ich wo zusätzliche Böden in die Schränke ein, in denen im Wesentlichen eine Stange montiert ist - das nimmt nämlich sonst viel zu viel leeren Platz weg und wir haben ja keinen Keller. Der Badschrank [Nummer 1 von insgesamt 5 Schränken mit zusätzlich großen Oberfächern] ist sortiert, schon seit Monaten, finito.

Die beiden großen 5x5 Kallax-Regale sind voll mit Büchern, das stört mich. Ich sortierte voller Tatendrang für Momox aus, machte im ersten Schwung > 40 Euro und habe nun die zweite Box gepackt neben dem Esstisch auf der Bank und schicke sie nicht ab, weil der Karton noch gar nicht voll ist und ich geldgeil, aber sortierfaul bin. Offensichtlich.

Die Kallaxe sind dadurch leerer geworden, außerdem hab ich Ideen [Bettwäschefächer - done, Handtuchfächer - done, 4x Alkohol-Glastüren und 9er Weingitter - 3x done und das Glas nicht geputzt, Aufkleber zwecks Türenaufhübschung - gekauft, aber nicht done]. Achach.

Auf dem Bett liegt Bettwäsche, gestern lag sie auch schon da, dann hab ich sie zum Schlafen auf den Stuhl daneben gelegt, um sie heute morgen wieder auf's Bett zu packen... naja.

Damit hier wenigstens noch irgendwas vollendet wird, veröffentliche ich jetzt einfach und blogge scheinbar wieder.

25. Dezember 2021

Steile Thesen I - Es geht aus, ein und nicht ein, aus!

Schon seit ziemlich langer Zeit sammle ich halb valide, auf meinen eigenen Gedanken basierende [und nicht streng recherchierte!] Thesen, deren [geglaubte] Erkenntnis in der Regel zufällig stattfand. Das sind jetzt fast 10 Stück, die ich eigentlich mal ausformulieren möchte, und weil mir bei einigen die fast gesicherte Realität evtl. schon zuvorgekommen ist, fange ich jetzt einfach mal an und zwar mit einer Beobachtung zur Atmung.

These I:
Der korrekte Ablauf des Atmungsvorgangs ist ausatmen - einatmen, wobei das Ausatmen bewusste Muskelkontraktion benötigt und das Einatmen
automatisch durch Entspannung entsteht.

Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht genau, woher oder wann diese Einsicht kam, die ich da oben formuliert habe - eventuell war es auf einem der Fußmärsche von der oder zur Arbeit? Bis wir vor drei Jahren umgezogen sind, hatte ich nämlich nur 1.1km Arbeitsweg, den ich zu 100% zu Fuß gegangen bin. Dabei hab ich eine ganze Zeit lang geübt, eher Vorfuß zu gehen und mir meinen Bewegungsablauf bewusst zu machen, wobei natürlich auch mal die Atmung bzw. der Atemrhythmus in den Vordergrund getreten ist. Letzteres natürlich auch stark beim Joggen, aber das lass ich aktuell einfach nur noch schleifen...

Warum und was hab ich sonst überhaupt mit Atmung an sich zu tun? Kurzgefasst hab ich bis vor etwas mehr als 10 Jahren mein gesamtes Leben wahnsinnig viel gesungen, da atmet man ja beständig vor sich hin und mich wiederum seit einiger Zeit mit Meditation und da eben auch Atemtechniken beschäftigt. Naja, oder mehr mit dem Zusammenfluss von Atmung und Bewegung, und dann siehe oben, Gehen und Atmen ist ja sozusagen Yoga für Gehetzte. Seitdem ich jedenfalls einmal den Gedanken oben hatte, ging mir das nicht aus dem Kopf. Der Atem soll automatisch und "ohne Zutun" fließen - wie soll das denn gehen?! Bei mir läuft das jedenfalls nicht.

Quasi alle, die ich kenne, mich eingeschlossen, atmen ein und starten damit "die Atmung", in der Regel mithilfe des Weitens des Brustkorbs, Entspannung dieser Muskulatur bedingt dann die Ausatmung. Irgendwann fiel mir allerdings wieder ein, dass ich mal diesen coolen Jugendchorleiter hatte, der uns bewusst und auf Handbewegung hin ganz leer ausatmen und dann mit einer "überraschten" Mimik, also Augen aufreißen, Mund zum "Oh!" geöffnet und in einem Zug ohne Wiederstand die Luft "passiv" einströmen ließ. SEHR effektiv, kann ich sagen. Naja, und als ich das jetzt nochmal so probierte, erschien es plötzlich mega sinnvoll, die Lungen leerzuquetschen, um dann einfach [ja, wirklich sehr einfach] Luft wieder reinkommen zu lassen. Hmhm.

Irgendwann las ich noch etwas von Atemhilfsmuskulatur, so wird die des oberen Brustkorbs genannt, die von den meisten Menschen, die ich kenne, ja ausschließlich zum [Ein!]Atmen genutzt wird, nix mit Hilfe... und lernte beim MBSR-Kurs auch noch Leute kennen, die der Meinung waren, dass die Bauchatmung null effektiv ist [ist sie nicht, mein Schätzelein, sage ich als jahrzehntelang ambitioniert übende Sängerin]! Irre.

Und dann überfiel es mich wie ein Blitzschlag, so'n richtiger German Geistesblitz: Wir stammen alle von Fischen ab; und wie kommen die an Sauerstoff? Die schwimmen durch ihren Sauerstoffträger = Wasser und lassen den einfach einströmen - und "atmen" ihn dann aktiv durch die Kiemen wieder aus. Oder? ODER?! Deckt sich vom Prinzip auch viel besser mit der Tatsache, dass wir unsere Lungen nur mit 1a Sauerstoff füllen können, wenn wir die verbrauchte Luft vorher komplett ausgeatmet haben, und nein, das passiert nicht automatisch, s.o. der Chorleiter, der uns ausatmen ließ. Und dann, ja, dann strömt die automatisch wieder ein, wenn eine*r entspannt ist, wie bei den Fischen das Wasser.

Nachdem ich das jetzt endlich postuliert habe, kann ich mein Weihnachtsgeschenk "Breath" von James Nestor anfangen zu lesen, das sogar von Wim Hof [Ice man [wiki], kennt'er?] empfohlen wird und von dem ich mir viele spannende Einsichten und eventuell ja sogar die Bestätigung meiner These hier erhoffe!