27. August 2017

Sascha fährt Rettungswagen

Wären wir mit dem Auto bis ans Haus gefahren, hätten wir ihn wegen der Senke wohl zu spät gesehen. So aber, zu Fuß und beide mit den Mitbringseln vom Elternbesuch beladen, sehen wir ihn auch erst, als wir schon quasi 50cm über ihm stehen und vom Balkon aus dem 2. Stock mit "Gönn'se mal dem seine Fitahlfunktione tes-ten? Der Rettungswagen kommt gleich..." angewiesen werden.

Er liegt als verbogenes, Mitte 30jähriges C hingehauen auf der linken Seite auf den Steinen vom Innenhofgang, hat wuschelig-gelocktes Haar im 10cm-alles-gleichlang-Schnitt und trägt zu Hause-Klamotten mit Jogginghose, die ihm unterm Hintern hängt und seine Unterhose freilegt. Wir stellen unsere Sachen ab und gehen näher ran, um nach den Vitalfunktionen zu gucken. Aber das ist gar nicht nötig: Er pustet einmal schwer mit aufgeblasenen Backen und stinkt bestialischst nach hartem Alkohol, auch schon aus 1m Entfernung. Ein kleiner Kornflachmann lugt als Notration aus der Jogginghosentasche. Sein rechtes Ohr ist blutverkrustet.

Vom rechtsten Balkon aus dem 3. Stock, ein junges Pärchen guckt interessiert runter, ein kurzes wissendes heruntergerufenes "Alkohol?", wir nicken, dann schweigen wieder alle. Und gucken. Auf das schiefe C.

Um die Ecke kommt ein grauhaariger rüstiger bemühter Rentner geeilt, Balkon 2 erleichtert: "Ach, das ist schon mein Mann!", der regt sich gleich in unsere Richtung erklärend auf ["Das geht jetzt schon seit drei Tagen so, die lassen den nicht rein, das ist wirklich UNerhört!1"], eilt zum Hauseingang Nr x und drückt scheinbar wahllos Klingeln. Von ihm und seiner Frau wird uns wechselweise erklärt, "dem seine Mutter wohnt da hinten im Haus und lässt ihn nicht mehr rein" und "der lag auch gestern schon hier auf dem Weg rum, genauso betrunken wie jetzt auch". Das C rührt sich wenig, atmet aber stetig, das Balkon-3-Paar schaut runter, Balkon-2 auch, der rüstige Rentner durchschreitet den Hof auf der Suche nach weiteren Klingeln und wir stehen unsicher herum.

"Da gömmn auch schon die Leut vom Rettungswagen..." schallt es von Balkon-2, und in der Tat betreten zwei Rettungssanitäter in oranger Montur mit tatkräftigem Schritt die leicht ins Stocken geratene Szene. Der Rotblonde beugt sich bei Ankunft zum C, rüttelt leicht am Oberarm und sagt aufmunternd freundlich in klarem Ton: "Hey, Sascha*, was ist denn los?! ...". Saschas Kopf rollt herum und er stammelt "Ffffschhhwill nachauuusee...". Der andere Sani nimmt uns alle durch Tonfall und Habitus gemeinsam [inkl. Balkon-2, -3] beiseite und erklärt halblaut: "Der ist gestern schon 6x Rettungswagen gefahren, über Nacht war er im Krankenhaus - und heute haben wir ihn auch schon einmal mitgenommen..."

Eine kurze Diskussion entfacht zwischen Balkon-2, dem zugehörigen Rentner-Ehemann und dem 2. Sanitäter darüber, wer alles zur Familie von Sascha gehört, wo dessen Mutter "hier" nun genau wohnt [die ihn ja nicht reinlässt], und warum das alles himmelschreiend ist. Sascha wird währenddessen vom Rotblonden schonmal hochgezogen, dabei sehen wir sein linkes dickes blaues Auge, nein, eigentlich ist es schwarz, und auch, wie er schwankt. Wir gucken betroffen, der Sani freundlich zu allen "Das sieht heute schon ganz gut aus, gestern war's schlimmer!" und beide ziehen ihn torkelnd-mitlaufend an uns vorbei Richtung Rettungswagen.

Wir schauen, nicken noch einmal in Richtung der oberen Etagen, greifen uns wieder unsere Eltern-Mitbringsel und gehen schweigend ins Haus, durch's Treppenhaus nach oben bis in die Wohnung.

* Name geändert

30. April 2017

Motivation - Menschen in Bewegung

tl;dr
Ich möchte unbedingt mehr darüber lernen und wissen, wie man Menschen davon überzeugen kann, zu handeln, sich zu ändern oder eben auch zu lernen. Help, please?

In 2014, als ich meine Aufgaben verändern und einen neuen und für mich besser geeigneten Job finden wollte, dachte ich, dass Aufklärung und Information das allerwichtigste sind. Denken hilft! Wann immer ich selbst nämlich etwas erhellendes erfahren bzw. wirklich verstanden habe, fällt es mir deutlich schwerer, nicht danach zu handeln. Das war der Hauptgrund [neben der allgemeinen Lust am Schreiben], warum ich mich in dem Jahr für Ausbildungen im und den politischen und wirtschaftlichen Journalismus ganz allgemein interessiert habe. Abseits vom "Fanget bei den Kindern an"-Gedanken [den ich natürlich auch schon hatte] wäre recherchieren und öffentliches Schreiben ja tatsächlich die sicherste Art und Weise, die Welt ein Stück besser zu machen!

Im Moment lese ich von Andrea Wulf Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, ein Buch, das mir aus ziemlich vielen verschiedenen Gründen wahnsinnig gut gefällt. Von Humboldt [wiki] hat bereits im 19. Jahrhundert geradezu abartig viele Zusammenhänge innerhalb der gesamten Natur [der WELT!1] aufgedeckt und beschrieben. Er war ein Anhänger der Aufklärung und daher wohl davon überzeugt, mit Vernunft und Informationen die Menschheit zu Einsichten und Veränderungen zu bewegen. [Er kommt in dem Buch überhaupt nicht "weltverbesserisch" rüber, hadert aber schon des öfteren mit allem möglichen Unverstand...] Im Buch wird allerdings deutlich, dass er zB in Bezug auf die Umweltzerstörungen durch Siedler/Kolonialisierung/frühen Formen einer "Globalisierung", auf die er bei seinen großen Weltreisen quasi überall stieß, durch die reinen Beschreibungen der Folgen praktisch keinerlei Umdenken anstoßen konnte.

Mittlerweile habe ich auch eingesehen, dass reines Informieren = Aufklären einfach nichts bringt. Menschen wissen heute ja zB auch alle um das Leid von Tieren in Massentierhaltung und essen trotzdem Fleisch, Eier, Käse und Fisch. Auch ich bin noch keine Veganerin und esse weiterhin Käse, Eier, Milch etc., ich will mich davon überhaupt nicht ausschließen. Aber welche Faktoren sind es dann, die tatsächlich zu positiven Veränderungen führen? Welche Gründe bewegen eine dazu, "es" eben doch anzugehen und die eigenen Handlungsbarrieren zu durchbrechen?

Es gibt im Wesentlichen zwei verschiedene Arten von Motivation: zum einen die intrinsische, also die eigene, aus dem Inneren kommende, zum anderen die extrinsische Form, bei der die Anreize von außen eingesteuert werden. [Hier in ausführlich der Wiki-Artikel zum Thema Motivation.] Afaik [wiki] ist die intrinsische eigentlich die bessere Motivation, weil sie dauerhafter und robuster möglichen Hindernissen die Stirn bieten kann.

Warum schreibe ich das hier also? Ich will bei mir selbst und anderen immer möglichst die intrinsische Motivation "wecken" [... ist sie dann nicht doch extrinsisch und wir landen irgendwie in Eschers Treppenhaus? Hm.]. Ja, ich weiß, das ist ein riesiges Forschungsfeld usw. usf. etc. pp. Aber jetzt kommst du:
Kennst du Informationsquellen zum Thema, die auch für auf diesem Gebiet unstudierte Laien wie mich gut verständlich sind? Hast du Input anderer Art für mich?
Ich freue mich sehr über Kommentare!

PS: Dieses Thema ist in wirklich allen Bereichen für mich relevant - sei es auf der Arbeit, im Weltverbesserungskontext [Sinn des/meines Daseins] oder auch für die Erreichung meiner eigenen persönlichen Ziele.

26. April 2017

Meditation im Regen

Vor meiner Asien-Reise war ich so aufgeregt, dass gar nichts mehr ging. Weil ich mir nicht mehr zu helfen wusste, hab ich meditiert. So war's:

Das gibt's ja gar nicht: Jetzt habe ich also zehn Minuten meditiert und das Gefühl gehabt, das wären nur 2 gewesen. Krass. Und ich habe tatsächlich vergessen, dass der Timer gehen wird. Schön. [Es war übrigens eine simple Atem-Meditation, während der ich - imaginiert - im Regen im Schneidersitz auf der Terasse meiner Eltern gesessen habe.]

Eigentlich witzige Erkenntnis 1:
Etwas, das für andere in der Regel unangenehm ist, muss für mich noch lange nicht unangenehm sein, ganz im Gegenteil. Regen zB.
Witzige Erkenntnis 2: Durch in ear-Kopfhörer während einer Meditation vom Umfeld abgestöpselt sein ist obersuper! Dank Dirk Beckmann [in diesem Video über seine Morgenroutine, 0:32-0:36] bin ich auf die Idee gekommen, währenddessen rainymood.com aufzurufen!
Witzige Erkenntnis 3: In Autosuggestion bin ich gut - aber das weiß ich ja schon etwas länger [führe ich bei Gelegenheit mal aus]. In diesem Fall waren's die Regentropfen, die mir einzeln, kühl und nass durchs Gesicht und über die Lippen gelaufen sind.

Fazit: Danke, war gut - das werd ich jetzt öfter machen.

PS:
Das war übrigens der Originaltext, den ich mittels Text-to-speech von Notepad diktiert habe:
das gibt's ja gar nicht jetzt habe ich also zehn minuten meditiert und das Gefühl gehabt das wären zwei Minuten gewesen krass und ich habe tatsächlich vergessen dass der Timer  gehen wird schön eigentlich witzige Erkenntnis 1 das was für andere unangenehm ist ich noch lange nicht unangenehm sein wegen z.b. Regen z.b. witzige Erkenntnis 2 vielmehr abgestöpselt vom Umfeld Kopfhörern Beckmann danke Dirk Beckmann einzige Erkenntnis 3 in Autosuggestion ich bin gut in aber das weiß ich ja schon etwas länger in diesem Fall waren es die Regentropfen dir durchs Gesicht und über die Lippen gelaufen sind
[Ich übe gerade erst... -.-]

2. April 2017

Veggie-Status

Vegetarierin seit einem Monat: Ich esse kein Fleisch, keinen Fisch und keine Meeres"früchte" [WTF]. Größtes, aber immerhin seltener werdendes Bedauern in Bezug auf Sushi, ansonsten ist alles tutti und es gefällt mir gut. :) [Gründe siehe unten]

Das für mich schönste: Ich musste mich nur knapp fünfmal aktiv gegen ein Essen verwehren, den Rest der Zeit war ich eh schon vegetarisch unterwegs. Na gut, das wäre durch den ansonsten ca. 5maligen Sushi-mit-Fisch-Konsum auch schon wieder aufgewogen worden... Aber nuntja.

Was mir aufgefallen ist: Einige Menschen nahmen sofort, nachdem ich meinen vegetarisch-Spruch brachte, an, ich wäre vegan! o_O Ob das nun daran lag, dass ihnen die Begrifflichkeiten nicht ganz klar sind oder ich so rüberkomme, als ob ich wenn, dann gleich ganz auf tierisch verzichten würde [was mich ja ehren würde!]... ditweeßickoochnich. Ich spekuliere auf ersteres. Hehe.

Achso, und um das kurz mal festzuhalten [jeweils etwa zu einem Drittel, Reihenfolge bewusst gewählt]:

Grund 1: Die armen Tiere.
Grund 2: Die arme Umwelt [hat auch Auswirkungen auf mich].
Grund 3: Meine Gesundheit.

Vegan fände ich besser, weil konsequenter [ja, für meineN MilchKäseEier werden auch Tiere in Massentierhaltung gehalten], ist mir aber [noch?] zu anstrengend. Und da ich mir auch nicht explizit vorgenommen hab, für immer und ewig vegetarisch zu bleiben, bin ich gespannt, wie es weitergeht. Nächster Status nach 'nem halben Jahr, denke ich.

Erstmal bleibt alles so, wie's jetzt ist :).

17. März 2017

Ziel erreicht.

tl;dr
Ich bin bekloppt und erfolgreich. Und hab jetzt Urlaub.

Der Tagesplan sah aus wie folgt: deutlich vor 8 zur Arbeit, Informationsveranstaltung von 8-9, bis kurz nach dem Mittag letzte Arbeitspakete und Urlaubsvorbereitungen abschließen und ab 14 Uhr die Teilnahme an einer wichtigen monatlichen Besprechung mit unbestimmter Länge. Danach wollte ich in die Bibliothek, um die vorbestellte Staffel 5 von Game of Thrones [:D!] und Teil drei der 2009er-Millenium-Trilogie [:D!] abzuholen, um smoooooth in den Urlaub zu kommen. - Das Problem: Die oben genannte unbestimmte Länge zieht sich bisweilen bis Richtung 17:30, die Bib schließt aber schon um fünf.

Gleich morgens war ich ein klitzekleines bisschen spät dran, joggte demnach locker anstatt zu gehen, was mich zwar leicht ölend, aber immerhin rechtzeitig dahin brachte, wo ich gebraucht wurde. Den Tag über schaffte ich dann auch tatsächlich fast alles weg, das weg musste. [Natürlich war ausgerechnet heute mein Outlook-Profil kurzzeitig und überraschend zerschossen bzw. mein selbstgeschriebenes Default-Formular für neue Termine über Nacht korrupt geworden [?], so dass ich gefühlt mehrere Stunden darauf verzichten musste, mir bei den 1003 Sachen, die mir zwischendrin immer so einfallen, Erinnerungstermine auf nach meinem Urlaub abzuspeichern oder mir und anderen Leuten Handlungsanweisungen in kommenden Terminen abzulegen - SEHR unkomfortabel, das!] Ich saß denn also in der wichtigen Besprechung und war entspannt. Auch noch um 16 Uhr. Zur Sicherheit ging ich um ~16:20 dann doch vorzeitig raus, um wenigstens noch den Schreibtisch aufzuräumen und ein paar eMails zu schreiben.

Ursprünglich hatte ich vor, allerallerspätestens um 16:30 zu gehen, was sich dann im Eifer der letzten eMails auf 16:43 ausweitete, bis mir beim Losgehen siedendheiß einfiel, dass ich ja nicht nur 11 [bis nach Hause] oder 10 Minuten [von zu Hause bis zur Bib] brauchen würde, sondern mindestens 15, wenn nicht sogar 20!!!1 Pythagoras, ich sag's euch. [Bib und Arbeit sind die Basispunkte eines etwa rechtwinkligen Dreiecks mit der Spitze "zu Hause". -.-] Ächz.

Ich joggte also wieder, gleichermaßen gepeinigt vom Nichtwissen der exakten Uhrzeit [Handy zu Hause vergessen... -.-] als auch von der Tatsache, dass ich heute zum ersten Mal im Jahr meine Zehenschuhe trug, über die ich meiner Kollegin just erzählt hatte, dass ja Laufen damit unbedingt ausreichendes und langsam steigerndes Training erfordert, weil sonst Achillessehne und Wadenmuskulatur massiv überlastet werden. _o_

Das mit der Uhrzeit löste ich, indem ich während meines Laufs [ich schaffte es tatsächlich und trotz völliger konditioneller Untrainiertheit durchzulaufen!] Passanten keuchend im Vorbeirennen nach der genauen Uhrzeit fragte. Beim ersten Mal war es 16:53 und ich verstand zuerst völlig entsetzt "4 Minuten vor 5", bis ich im Laufen drehend nochmal nachfragte, beim zweiten Mal dann "16:57". Da sah ich die Bib aber auch schon von weitem.

Um 16:59 betrat ich die [Schul-] Bibliothek und nahm noch die Hilfe einer Mitarbeiterin in Anspruch, weil ich zu blöd war, die zurückgestellten DVDs zu finden, entlieh sie beide flugs - um um [sic!] ~17:01 nach dem Schließen der Türen hinter mir im Vorhof der Schule glücklich zusammenzubrechen. Quasi. Wieder ölend fiel mir leider das mordsmäßige Ziehen in den Waden auf... Ob ich morgen noch laufen können werde?

Aber egal: Ziel erreicht!1 :D
[Und Urlaub. YAY!]

11. März 2017

Connie Palmen: Du sagst es.

Fiktive Autobiographie [?] der Ehe vom englischen Dichter und Schriftsteller Ted Hughes mit der amerikanischen Dichterin und Schriftstellerin Sylvia Plath. Ich kannte bisher nur deren Roman The Bell Jar [quasi-parallel? auch Die Wand von Marlen Haushofer] und wusste nix über die beiden, ihre Ehe oder den frühen Suizid von Sylvia.

Nachdem ich also das Buch über diese Ehe während des Lesens der ersten paar Seiten zweimal zugeklappt hab, weil ich es beinahe unerträglich [schlecht, viel zu blumig/exponiert] fand und nicht mehr weiterlesen wollte, las ich es dann doch und mit echt exponentiell wachsender Begeisterung bis hin zum überraschenden Tränenausbruch beim Lesen des Postskriptums.

Sehr einnehmende Übersetzung aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Großartiges Buch!
[Merker: Unbedingt nochmal The Bell Jar lesen.]

4. März 2017

default: depends.

Ich bin jetzt 35 und habe immer gedacht, ich persönlich wäre "nicht so" und würde ein wie-auch-immer-geartetes Gendern in keiner Form brauchen. Dann las ich [schon vor Monaten] englische Sätze und war nach "doctor" und nachfolgendem "she" überrascht. Das wiederum überraschte mich.

Seitdem schreibe ich, wenn ich schreibe, mit voller Absicht quasi-zufällig Arzt oder Ärztin, wenn ich Beispiele brauche und mich nicht auf einen konkreten Menschen mit eindeutigem Geschlecht beziehe. Das behalte ich mindestens so lange bei, bis mir selbst so etwas wie oben nicht mehr passiert.

PS: Hab ich das schon mal gebloggt?!