4. November 2013

Sterbende Fische.

Wir landen auf der Rückreise von Leipzig nach KL mit Hunger in einem Kaff in Thüringen und finden keine Kneipe und auch kein Restaurant. Nur Bretti's Imbiss, aber dort sind laut dem Ehepaar, das wir nach "was zum äessen" fragen, "doch nur Suffis". Nun gut. Sie sagen uns auch, dass sich im Örtchen keinerlei Gastronomie hält, und nicht-empfehlen uns das Chinarestaurant, "die Fiddschis". [WTF?!]

Angekommen, hingesetzt, erst er, dann ich Hände gewaschen, dann bestellt. Bei der Tochter [ca. 12], die die Zahlen der Gerichte wissen muss und sie sorgfältig und in Zeitlupe auf den Bestell-Block malt und dabei schon das nächste abfragt ["Und was zu trinken?"]. Sie trägt einen Haarreif, stützt sich mit der Hüfte beim Zahlen malen am Tisch ab und hat den Kopf schief gelegt. Sie lacht, als wir Bedenken äußern, ob die Suppe als Vorspeise vielleicht zu viel sei: "Nee, kein Problem, das ist nicht so groß wie auf dem Foto..." Am Nebentisch essen zwei in Arbeiterkluft mit engelbert strauss-Logo in Windeseile riesige Portionen und reden mit lustigem Orts-Dialekt über Videospiele. Die Tochter verschwindet nach Weitergabe der Bestellung, auf ihrem weißen Handy tippend, hinter einem Laptopbildschirm im Eingangsbereich.

Mir gegenüber steht das handelsübliche China-Laden-Aquarium, die Scheiben sind blitzeblank, viele Pflanzen, recht große und bunte Fische, die sich kaum von der Stelle bewegen. Einzig zwei kleine schwarze Fischis sausen stereotypisch in einer Ecke auf und ab, und die Münder der größeren Fische pumpen beständig nach Sauerstoff. Umwälzung findet nicht statt, auf der Wasseroberfläche schweben, zum Beweis unbeweglich wie die Fische, siebeneinhalb Blätter.

Das Essen wird auf ovalen Tellern mit Blümchenrand geliefert, von der Besitzerin [?] in Schlumper-Jogginghose in beiden Händen getragen. Es schmeckt gut, also normal, wie man das für ein solches Restaurant mit gekacheltem Eingang und diesen Preisen erwartet. Die Cola schmeckt, wie so oft, merkwürdig unecht, fast wie Aldi-Cola früher, dabei haben wir genau gesehen, dass sie aus echten 1,5l-Flaschen mit beiden Händen ins Glas gegossen wurde. Blicke ich beim Kauen auf, sehe ich die Fische Atem schöpfen.

Wir erreichen den Tellerboden, auf dem, zwar unpassend zum Blümchenrand, aber passend zum Etablissement, jeweils zwei Koi-Karpfen in Farbe erscheinen. Zwei Aquarium-Fische schrecken aus ihrem Stupor auf, der eine jagt für kurze Zeit einen anderen, beide halten wieder schwebend inne und pumpen nun in noch höherer Frequenz das Wasser durch ihre Kiemen, die Münder schließen und öffnen sich wild bis zum Maximum.

Nach kurzer Zeit vermindert sich das Japsen jedoch und im Aquarium ist wieder alles beim Alten. Wir bezahlen und gehen.

PS: Aus gesundheitlicher Sicht wird argumentiert, dass eine »natürliche« Ernährung tierische Produkte enthalten müsse. Dazu ist zu sagen, dass unsere Ernährung und auch unser sonstiges Leben inzwischen völlig unnatürlich ist – unabhängig davon, ob man tierische Produkte konsumiert oder nicht. Die Frage nach der Natürlichkeit ist also die falsche Frage. Die richtige Frage ist, ob man sich gesund rein pflanzlich ernähren kann.
Genau.
[aus Warum vegan - Albert-Schweitzer-Stiftung]

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